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Muss Vertrauen verdient werden?

In einem Workshop mit Führungskräften gab ich die bewusst provokant gewählte Aussage „Trust First“ (vertraue zuerst) in die Runde. Gehe ich auf andere Menschen mit der Grundannahme zu dass ich diesen vertrauen kann, oder müssen sie sich mein Vertrauen erst verdienen?

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In einer Runde mit sechzehn erfahrenen Führungskräften reichte die Spanne an Einzelmeinungen von „Ich vertraue niemandem“ bis zu „Ich vertraue solange bis mein Vertrauen missbraucht wird“. Letztlich eine Frage des Menschenbildes.


Glaube ich an gute Absichten meiner Mitmenschen betrachte ich Fehler nicht per se als Grund, mein grundsätzliches Vertrauen zu entziehen. Hat jemand hingegen absichtsvoll gehandelt und sich bewusst inkorrekt verhalten, die Konsequenzen des eigenen Handels billigend in Kauf nehmend, dürfte das bei den meisten Menschen zu einem Vertrauensverlust führen, und beim direkten Vorgesetzten zu mehr Kontrolle führen.


Im Coaching von Führungskräften begegne ich sehr häufig dem Spannungsfeld Vertrauen und Kontrolle, oft in Kombination mit eigener Unsicherheit. Zu lernen, andere zu befähigen und ihnen eine lange Leine zu lassen, erfordert viel persönliche Reife. Ich setze gerne beim Thema Menschenbild an und hinterfrage wie der Coachee zu Mitmenschen, Kollegen und Mitarbeitern steht. Welche grundlegenden Werte stecken dahinter?


Nach einer längeren Diskussion gab es in der Gruppe keinen Konsens, aber immerhin mehr Verständnis für die Position der anderen und die vielen Facetten des Themas. Interessanterweise kam der Aspekt auf dass manche Mitarbeiter auf Kritik oder Nachfragen mit „vertraust Du mir denn nicht?“ reagieren. Meine Empfehlung lautete zu hinterfragen was mit „Vertrauen“ gemeint ist: Ist jede Rückfrage oder Kritik eine Botschaft mangelnden Vertrauens? Ist Vertrauen bedingungslos, oder gar blind? Wie sieht Vertrauen zwischen Vorgesetzen und Mitarbeitern konkret aus?


Wer das eigene Menschenbild ehrlich hinterfragt und bereit ist, damit zu experimentieren, wird überrascht sein wie das eigene Umfeld darauf reagiert. Letztlich können wir nur das eigene Verhalten ändern, nicht das der anderen – diese reagieren aber auf unser Verhalten. Wie es in den Wald hineinruft schallt es hinaus...

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